2. Änderung des Markenschutzgesetzes 1970
Durch BGBl I Nr. 91/2018, ausgegeben am 21. Dezember 2018 und in Kraft tretend am 14. Jänner 2019, wurde die EU-Richtlinie Nr. 2015/2436 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Marken in einem zweiten Schritt im Markenschutzgesetz umgesetzt.
Die wesentlichen Änderungen sind:
2.1. Markendefinition
Marken können nunmehr Zeichen aller Art sein, sofern sie unterscheidungskräftig sind und sich in irgendeiner Weise – also nicht mehr bloß graphisch – darstellen lassen (§ 1).
2.2. Registrierungsausnahmen
Zeichen internationaler Organisationen, die in Österreich kundgemacht worden sind, können nunmehr durchaus als Marke registriert werden, sofern sie (aufgrund der Waren und / oder Dienstleistungen) weder ein Nahverhältnis zu einer solchen Organisation insinuieren noch diesbezüglich irreführend sind (§ 4 (1) lit c).
2.3. Absolute Schutzhindernisse
Die Auflistung absoluter Schutzhindernisse in § 4 (1) wurde gemäß der EU-Richtlinie Nr. 2015/2436 erweitert:
- Ursprungsbezeichnungen und geographische Angaben (Z 9)
- traditionelle Weinbezeichnungen (Z 10)
- traditionelle Spezialitäten (Z 11)
- (Pflanzen) Sortenbezeichnungen (Z 12).
2.4. Markenrecht
2.4.1. Ein Markeninhaber kann nunmehr auch die Durchfuhr von Waren aus Drittländern, in denen sie ohne seine Zustimmung auf den Markt gebracht wurden, untersagen und dadurch wirksamer gegen Produktpiraterie vorgehen. Das Untersagungsrecht erlischt allerdings, wenn dem Verbringer der Waren im Produktpiraterieprozess der Nachweis gelingt, dass sie im endgültigen Bestimmungsland rechtmäßig auf den Markt gebracht werden dürfen (§ 10 (2a))
2.4.2. Ein Markeninhaber kann nunmehr auch (schon) gegen Kennzeichnungsmittel (Verpackung, Etiketten usw.) vorgehen, auf denen die Marke angebracht ist bzw. werden kann, noch bevor diese mit den Waren oder Dienstleistungen in Verbindung gebracht werden. (§ 10 (2b))
2.4.3. Auf Basis einer eingetragenen Marke konnte bislang einem Dritten nicht verboten werden, seinen Namen oder seine Anschrift im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern dies den anständigen Gepflogenheiten entspricht. Dies galt für natürliche und juristische Personen. Jetzt gilt es nur mehr für natürliche Personen, dh. Handelsnamen und Namen juristischer Personen sind nicht mehr privilegiert (§ 10 (3) Z 1).
2.5. Benutzungsarten
Der Katalog der Benutzungsarten einer Marke wurde der EU-Rechtlinie Nr. 2015/2436 – inklusive deren Erwägungsgründen – gänzlich angepasst (§ 10a).
2.6. Markenlizenzen
Die Bestimmungen über Markenlizenzen wurden hinsichtlich der Rechte von Lizenznehmern ergänzt und auch auf (erst) angemeldete Marken ausgedehnt:
Lizenznehmer jeglicher Art sind grundsätzlich nur mit Zustimmung des Markeninhabers klagsbefugt; für ausschließliche Lizenznehmer gibt es Ausnahmen (§ 14(3)). Lizenznehmer können einer vom Markeninhaber eingebrachten Klage als Nebenintervenient beitreten (§ 14(4)).
2.7. Markenanmeldung
Die Erfordernisse für eine Markenanmeldung und -registrierung (§§ 16,17) sind den nunmehr möglichen Markenformen (§ 1) angepasst worden. Nähere Bestimmungen wurden in der Patentamtsverordnung 2019 – veröffentlicht im Patentblatt 2018, Nr. 12, Anhang – mit Wirksamkeit vom 1. bzw. 14. Jänner 2019 erlassen.
2.8. Widerspruchsverfahren
2.8.1. Ein Widerspruch gegen eine eingetragene Marke kann nunmehr außer auf eine ältere, gleiche oder ähnliche Waren/Dienstleistungen betreffende, gleiche oder ähnliche Marke auch gestützt werden auf
- eine im Inland bekannte, ältere Marke für nicht ähnliche Waren/Dienstleistungen
- eine notorisch bekannte, ältere Marke (die in Österreich weder registriert sein noch in Geltung stehen muss)
- eine ältere geschützte Ursprungsbezeichnung oder geographische Angabe (§ 29a (1)).
2.8.2. Wird im Widerspruchsverfahren vom Markeninhaber die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke(n) erhoben, so ist vom Widersprechenden die Benutzung zum Anmelde- bzw. Prioritätszeitpunkt der angegriffenen Marke glaubhaft zu machen; bisher galt als Zeitpunkt der Veröffentlichungstag der angegriffenen Marke (§ 29b (3)).
2.8.3. Im Widerspruchsverfahren kann nunmehr über gemeinsamen Antrag beider Parteien eine „Cooling-Off-Frist“ (analog zu jener des Unionmarkenrechts) von maximal 6 Monaten gewährt werden (§ 29b (3a)).
2.8.4. Ein Widerspruchsverfahren gilt (auch) mit dem Tag als beendet, an dem beim Patentamt oder Rechtsmittelgericht (OLG Wien oder OGH) eine Ruhensvereinbarung beider Parteien einlangt (§ 29c (3), zweiter Satz).
2.9. Löschungsverfahren
2.9.1. In Löschungsverfahren aufgrund einer älteren Marke kann der belangte Markeninhaber nunmehr den Einwand erheben, dass die antragsbegründende, ältere Marke am Anmelde- oder Prioritätstag der belangten, jüngeren Marke gelöscht (bei nationalen Marken) oder nichtig erklärt (bei Unionsmarken) werden könnte. Zutreffendenfalls dringt der Antragsteller im Umfang der Löschungsreife seiner Marke nicht durch, ohne dass aber seine Marke für nichtig erklärt wird. Als Einredegründe gelten fehlende Unterscheidungskraft, beschreibende Angabe, Gattungsbezeichnung, die jeweils zum Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke (noch) nicht durch Verkehrsgeltung kompensiert worden sind (§ 30 (5,6)).
2.9.2. Dem bisherigen Kanon an Löschungsgründen wurden drei weitere hinzugefügt:
- prioritätsältere Ursprungsbezeichnung oder geographische Angabe (§ 32a);
- Unterlassungsanspruch aufgrund des Urheberrechtsgesetzes (z.B. Werktitel als Wortmarke) (§ 32b);
- Unterlassungsanspruch aufgrund des Musterschutzgesetzes (z.B. flächiges Muster als (Teil einer) Bildmarke) (§ 32c).
2.9.3. Die Löschungsreife einer Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft, beschreibender Angabe oder Gattungsbezeichnung kann nunmehr durch einen Verkehrsgeltungsnachweis zum Zeitpunkt der Stellung des Löschungsantrags kompensiert werden (§ 33(2)). Dies war bislang nicht möglich, da der Anmelde- bzw. Prioritätszeitpunkt der angefochtenen Marke maßgebend war.
2.9.4. Der Beginn der fünfjährigen Benutzungsschonfrist ist nun nicht mehr das Registrierungsdatum, sondern hängt vom Schicksaal der Marke sowie der Waren und Dienstleistungen ab (§ 33a (1a, 1b)):
- Wenn kein Widerspruch erfolgt ist, beginnt die Schonfrist bei nationalen Marken mit dem Ende der Widerspruchsfrist (d.i. dzt. 3 Monate nach der Registrierung), bei internationalen Marken 1 Jahr nach dem Datum der Veröffentlichung der Benennung von Österreich in der WIPO-Gazette.
- Falls ein Widerspruch eingebracht oder ein Schutzverweigerungsverfahren gegen eine IR-Marke eingeleitet wurde, beginnt die Frist mit der rechtkräftigen Entscheidung über den Widerspruch bzw. den rechtskräftigen Abschluss des Schutzverweigerungsverfahrens und bezieht sich auf die jeweiligen, vom Verfahren betroffenen Waren/Dienstleistungen.
- Im Fall einer Einstellung des Widerspruchsverfahrens infolge Zurückziehung des Widerspruches, einer Erledigung des Widerspruchsverfahrens im Umfang eines reduzierten Schutzes der Widerspruchsmarke oder einer Beendigung des Widerspruchsverfahrens durch eine Ruhensanzeige der Parteien beginnt die fünfjährige Schonfrist mit der Rechtskraft der jeweiligen Entscheidung bzw. mit dem Einlangen der Ruhensanzeige.
- Bei ein und derselben Marke kann nun der Beginn der Fünfjahres-Schonfrist für einzelne Waren/Dienstleistungen unterschiedlich sein, je nachdem ob sie vom Widerspruchs- oder Schutzverweigerungsverfahren betroffen waren. Der jeweilige Zeitpunkt des Beginns der Fünfjahresfrist in Abhängigkeit von den jeweiligen Waren/Dienstleistungen wird nunmehr bei österr. Marken in das Markenregister eingetragen (§ 29c (3), erster Satz).
2.10. Verletzungsverfahren
Die Durchsetzbarkeit eines Markenrechts im Verletzungsstreit wurde an die Löschungs- bzw. Nichtigkeitsgründe angepasst. Ein Kläger kann mit seiner Marke gegen einen Belangten nur soweit durchdringen, als er dessen Marke (Zeichen) löschen lassen bzw. nichtig erklären lassen könnte (§ 56b). Durch diese Kodifizierung ist allerdings keine Änderung eingetreten, da nach ständiger österr. Rechtsprechung die Gerichte selbständig zu prüfen haben, ob und inwieweit eine registrierte Marke schutzfähig und durchsetzbar ist.
2.11. Vertretung
Der Vertreterzwang wurde gelockert. Ein Vertreter muss nicht mehr einen Wohnsitz oder eine Niederlassung im Inland haben – statt „Inland“ gilt nun der Europäische Wirtschaftsraum oder die Schweizerische Eidgenossenschaft, weshalb keine Bestellung eines im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten mehr nötig ist. Anmelder bzw. Antragsteller aus dem EWR und der Schweiz können nunmehr sogar eigenständig vor der Nichtigkeitsabteilung des Österr. Patentamtes auftreten.