Interessante Entscheidungen (2022 - 2024)

Patentrecht

1. Nichtigkeitsverfahren – Rückverweisung zur Verfahrensergänzung

Gegen ein Patent (Pendelscharnier) wurde, gestützt auf behauptete mangelnde Offenbarung und erfinderische Tätigkeit sowie Überschreitung der ursprünglichen Offenbarung, Nichtigkeit vorgebracht. Im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung des ÖPA reichte die Patentinhaberin fünf Hilfsanträge mit jeweils modifizierten Versionen des Patentanspruchs 1 für den Fall ein, dass eine Überschreitung der ursprünglichen Offenbarung und/oder fehlende Erfindungshöhe konstatiert werden sollte. Die NA bejahte den erfinderischen Schritt und verneinte die Offenbarungsüberschreitung; sie sah daher im Zuge der Abweisung des Nichtigkeitsantrags keinen Anlass, die Hilfsanträge zu behandeln.

Das Berufungsgericht (OLG Wien) verneinte allerdings den erfinderischen Schritt, konnte aber die Hilfsanträge nicht gleichzeitig erledigen, da die Parteien hiezu keine Äußerungsmöglichkeiten gehabt hätten, also überrascht worden wären; es hob daher die Endentscheidung der NA auf, die nunmehr die Hilfsanträge zu prüfen haben wird

(OLG v. 10.11.2022, 33R18/22t – ÖBl 2023,85; Pbl 2023,12)

2. Unzulässige Zwischenverallgemeinerung

In einem Verletzungsstreit wandte die beklagte Partei im Sicherungsverfahren die Nichtigkeit des Klagspatents erfolgreich ein, zumal letzteres aus einer Stammanmeldung hervorgegangen war, die – soweit entscheidungsrelevant – ursprünglich eine Merkmalskombination betraf. Da das Klagspatent in seinem Anspruch 1 aber nunmehr nur eines der Merkmale aufweist, erachtete dies das HG Wien, bestätigt durch das OLG Wien, als eine unzulässige Zwischenverallgemeinerung, weshalb der Sicherungsantrag verworfen wurde

(OLG Wien vom 20.04.2022, 33R7/22z – ÖBl 2023,21)

Ergänzendes Schutzzertifikat (ESZ)

Auf Basis eines Patentes mit dem Titel „Pharmazeutische Formulierungen mit Dapaglifloxin-Propylenglykol-Hydrat“, in dem u.a. eine Kombination mit Saxaglipin unter Schutz gestellt ist, und der zugehörigen arzneimittelrechtlichen Erstgenehmigung in der EU wurde letztlich ein ESZ für das Erzeugnis „Dapagliflozin-Propylenglykol-Hydrat/Saxaglipin“ beantragt. Dies wurde vom Österreichischen Patentamt aber mit der Begründung abgewiesen, dass der Begriff „Erzeugnis“ nur den Wirkstoff oder die Wirkstoffkombination umfasse, nicht aber weitere Additive ohne arzneiliche Wirkung, (hier: die Darreichungsform als „Propylenglykol-Hydrat“) – das ESZ hätte also für „Dapagliflozin/Saxaglipin“ beantragt werden müssen.

Aufgrund eines Rekurses erteilte das OLG Wien aber das ESZ mit der beantragten Erzeugnisbezeichnung. Es hielt fest, dass der Begriff „Wirkstoff“ in der ESZ-Verordnung gar nicht definiert ist, der Ausschluss von Stoffen, die keine eigene arzneiliche Wirkung entfalten, von der Subsumption unter den Begriff „Wirkstoff“ also (nur) durch die EuGH‑Rechtsprechung vorliegt. Würde man dieser hier aber – wie das Patentamt es getan hat – folgen, ergäbe es sich, dass für die dem Grundpatent entsprechende pharmazeutische Formulierung kein ESZ erteilt werden könnte. Es würde aber dem Zweck der ESZ-Verordnung widersprechen, wenn nur dann eine Verlängerung des Patentschutzes für die Verwendung als Arzneimittel in Betracht käme, wenn das Grundpatent einen reinen Wirkstoff offenbarte.

(OLG Wien vom 29.12.2022, 33R89/22h – ÖBl 2023,71; Pbl 2023,53) 

Musterrecht

Die Inhaberin eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters (GGM) für eine Hängeleuchte mit fünf von einer horizontalen Stange abgehängten, kegelstumpfförmigen Lampenschirmen unterschiedlicher Größe und Farbe ging gegen eine Mitbewerberin wegen Mustereingriffs vor, da diese Hängeleuchten mit fünf von einer horizontalen Stange abgehängten Lampenschirmen unterschiedlicher Größe und Farbe auf den Markt gebracht hatte, die allerdings teils zylindrisch, teils kegelstumpfförmig waren. Sie hatte dennoch in allen drei Instanzen (HG Wien, OLG Wien, OGH) Erfolg, da es für den Schutzumfang eines GM auf den Gesamteindruck, nicht aber auf einen mosaikartigen Vergleich der Einzelheiten ankommt. Als Maßstab für die Beurteilung dieses Gesamteindrucks hat der OGH einen informierten Benutzer herangezogen, der sich durch ein gewisses Maß an Kenntnissen und Aufgeschlossenheit für Designfragen vom „durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher“ unterscheidet, aber nicht das Wissen und die Fähigkeit einer Fachperson benötigt.

(OGH v. 20.12.2022, 4 Ob193/22v – ÖBl 2023,134)

Markenrecht

1. Zur Bindungswirkung von Entscheidungen (im Markenrecht)

In einem Widerspruchsverfahren wurde eine Marke (BASO) im Umfang von Waren aufgrund einer ähnlichen älteren Unionsmarke (BASOR) für auf diese Waren Bezug habenden Dienstleistungen in erster Instanz (Patentamt) gelöscht. Die Markeninhaberin legte im Rekursverfahren daraufhin ihren beim EUIPO eingebrachten, auf Nichtverwendung der Widerspruchsmarke gestützten Löschungsantrag vor und beantragte die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung sowie Verfahrensunterbrechung bis zur rechtskräftigen Entscheidung des EUIPO. Dieses verfügte die Löschung der Widerspruchsmarke, was von der Markeninhaberin dem Rekursgericht, OLG Wien, angezeigt wurde. Letzteres wies zwar den Unterbrechungsantrag und die Urkundenvorlage wegen unzulässiger Neuerung zurück, verfügte aber eine Abweisung des Widerspruchs, da die Entscheidung des EUIPO mittlerweile in Rechtskraft erwachsen und deren Bindungswirkung von Amts wegen, also vom OLG Wien, wahrzunehmen war.

(OLG Wien v. 26.01.2023, 33R67/22y – ÖBl 2023, 219; Pbl 2023, 56)

2. Zur bösgläubigen Markenanmeldung 

Für ein Unternehmen, das mit der Spanischen Hofreitschule und den Lippizanern keinerlei Bezug hatte, wurde eine Wortmarke und eine Wort-Bild-Marke LIPPIZANER für unzählige Waren und Dienstleistungen registriert. Basierend darauf ging das Unternehmen gegen die Geschäftsführerin der Hofreitschule mit Strafanzeige vor, als im Zuge eines Weihnachtsmarktes „Lippizanerkaffee“ und „Lippizanertorten“ verkauft wurden. Als Reaktion darauf wurden gegen die beiden LIPPIZANER-Marken Löschungsanträge wegen Nichtbenützung, Täuschung und Bösgläubigkeit eingebracht. Die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts verfügte die Löschung beider Marken, da sie es als erwiesen angesehen hat, dass diese bösgläubig, nämlich mit sittenwidriger Behinderungsabsicht, angemeldet worden waren. Der dagegen von dem Unternehmen beim Oberlandesgericht Wien eingebrachten Berufung wurde nicht Folge gegeben, und die beim Obersten Gerichtshof eingebrachte außerordentliche Revision ist zurückgewiesen worden.

(OLG Wien v. 23.01.2023, 33 R48/22d, OGH v. 27.06.2023, 4 Ob54/23/d – Pbl 2024, 7; ÖBl 2024, 84)

 

3. Zur markenmäßigen Verwendung

    • Die Wort-Bild-Marke GENUSSREGION ÖSTERREICH (Nr. 224724) für Waren der Klassen 29, 30, 31, 32 und Dienstleistungen der Klassen 35, 39, 44 wurde aufgrund eines von jedermann stellbaren Antrags gelöscht (Patentamt, OLG Wien – bestätigt durch OGH), da sie weder von der Markeninhaberin noch von deren Lizenznehmern ernsthaft kennzeichenmäßig, also herkunftshinweisend, benutzt wurde, sondern zur Gewährleistung einer bestimmten Produkt- bzw. Dienstleistungsqualität diente und von den beteiligten Verkehrskreisen als Gütesiegel wahrgenommen worden war.

      (OLG Wien v.19.04.2022, 33 R100/21z; OGH v. 20.12.2022, 4 Ob127/22p – Pbl 2023, 445)

    • Eine für Hilfe bei der Unternehmensleitung etc. (Kl. 35), Bauwesen etc. (Kl. 37) und wissenschaftliche Dienstleistungen etc. (Kl. 42) registrierte Marke wurde erfolgreich wegen Nichtbenützung angefochten, da sie hauptsächlich nur als Firmenbestandteil auf einer fremdsprachigen Webseite verwendet wurde, die keine auf Österreich bezogene Aktivitäten betraf.

      Die Nichtigkeitsabteilung des ÖPA, das OLG Wien und der OGH (in der Zurückweisung eines außerordentlichen Revisionsrekurses) hielten fest:

      -   Die Verwendung einer Marke in einer Firmenbezeichnung stellt keine „markenmäßige“ Nutzung für Waren und Dienstleistungen dar.

      -   Die bloße Zugänglichkeit einer Webseite in dem durch die Marke erfassten Gebiet (hier: Österreich) lässt nicht darauf schließen, dass sich die auf ihr angezeigten Angebote auf dieses Gebiet richten.

      -   Die ausschließliche Verwendung einer Marke für innerbetriebliche Zwecke,   zB für den Warenvertrieb innerhalb eines Konzerns, hat keine Außenwirkung und stellt daher keine rechtserhaltende Benutzung für Waren oder Dienstleistungen dar.

      (OLG v. 06.09.20223, 33 R50/22y; OGH v. 31.01.2023, 4 Ob206/22f – Pbl 20223, 48f)

 

4. Zur Verwechslungsgefahr 

    • Auf Basis der Wortmarke ZARA HOME für Dienstleistungen der Klasse 35 (u.a. Werbung, Verkaufsförderung usw.) wurde gegen die Wort-Bild-Marke AZRA HOME für (u.a.) Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf verschiedenste Waren (Klasse 35) Widerspruch erhoben, dem von der Rechtabteilung des ÖPA wegen Verwechslungsgefahr in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht stattgegeben worden war. Aufgrund eines Rekurses der  Markeninhaberin verneinte das OLG Wien aber die Verwechslungsgefahr. Es hielt fest, dass durch die Umstellung der beiden Anfangsbuschstaben „Z“, „A“ von ZARA und AZRA die bildliche Ähnlichkeit gering sei und das ungewöhnliche Aufeinanderstoßen von „Z“ und „R“ bei AZRA  keine ausreichende klangliche Ähnlichkeit für eine Verwechslungsgefahr bietet. Der Umstand, dass beide Wörter weibliche Vornamen sind, wurde nicht so signifikant wie die bildliche und klangliche Verschiedenheit bewertet. Ein a.o. Revisionsrekurs der Widersprechenden wurde vom OGH zurückgewiesen.

(OLG Wien v. 14.07.2022, 33 R42/22x; OGH v. 20.12.2022, 4 Ob183/22y – Pbl 2023,40)

    • ·Die Inhaberin der (Wort)Marke S & P GLOBAL (Kl. 9, 16; 35, 36, 40, 41, 42) widersprach der Registrierung der Wort-Bild-Marke S & P (Kl. 9,16,18, 25; 35, 36, 38, 40, 41, 42, 44, 45).Das ÖPA ging von hochgradiger Zeichenähnlichkeit aus und verfügte die Streichung von als gleich oder ähnlich angesehenen Waren und Dienstleistungen. Dagegen brachte die Antragstellerin Rekurs wegen unrichtigem Ähnlichkeitsvergleich ein und hatte teilweise Erfolg. Das OLG Wien hielt zu einzelnen Aspekten des Vorbringens u.a. fest:

      -   Eine Ähnlichkeit von Dienstleistungen ist anzunehmen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, - insbesondere ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Erbringungsart, ihrem Zweck, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Leistung oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe – so enge Berührungspunkte aufweisen, dass das angesprochene Publikum der Meinung sein könnte, sie stammten aus demselben oder aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie – was zu unterstellen ist – mit identischen Marken gekennzeichnet sind, wobei vom größtmöglichen Schutzumfang der älteren Marke auszugehen ist.

      -   Verwendete Gattungsbezeichnungen sind entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und objektiven Verkehrsverständnis auszulegen.

      -   Die Klasseneinteilung ist für die Beurteilung der Ähnlichkeit ohne Belang. Es ist nicht entscheidend, ob die Waren und Dienstleistungen jeweils in derselben Klasse aufscheinen.

      -   Dienstleistungen, die mit Hilfe von Hard- und Software erbracht werden, schaffen grundsätzlich noch keine ausreichende Nahbeziehung zu den Waren „Hard- und Software“, weil auf sämtlichen Gebieten komplexe Dienstleistungen EDV-unterstützt erbracht werden.

      -   Fachzeitschriften etc. (Druckereierzeugnisse) sind nicht ähnlich zu Papier, Pappe etc., auch wenn sie auf diesen gedruckt sein können.

      -   „Betriebswirtschaftliche Projektleitung von Bauprojekten (Kl. 35)“ und „finanzielle Vorbereitung von Bauvorhaben (Kl. 36)“ sind „Finanz- und Anlageberatung (Kl. 36)“ nicht ähnlich, auch wenn sich letztere auf Immobilienprojekte beziehen kann.

      Zusammenfassend ging das OLG Wien also davon aus, dass beim Ähnlichkeitsvergleich von Waren und Dienstleistungen nicht schon jeder erdenklich mögliche Zusammenhang zu einer Verwechslungsgefahr führen kann.

      (OLG Wien v. 26.06.2023, 33 R128/22v – Pbl 2024,4; ÖBl 2023, 248)
    •  Kürzlich ergingen zwei Entscheidungen „klassischen“ Inhalts, indem bei kompletter Übernahme eines älteren Zeichens in eine jüngere Marke bei im wesentlichen identischen Waren und Dienstleistungen stets Verwechslungsgefahr vorliegt, die als Rechtsfrage grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich ist:

      -   Die jüngere Wort-Bild-Marke in Wappenform „tempus operatur pro me / Franz Ludwig zu Peigarten / Der Kastellan“ ist in Klasse 41 verwechselbar mit der älteren Wortmarke „Der Kastellan“.

      (OLG Wien v. 25.07.2023, 33 R70/23s – Pbl 2024, 16)

      -   Die jüngere Wort-Bild-Marke (mit Logo) BIOGENA MARS ist verwechselbar mit der älteren Wortmarke MARS in Klasse 5.

      (OLG Wien v. 18.07.2023, 33 R49/23b – Pbl 2024, 17)

    • Die Inhaberin der älteren Marke LC Waikiki für u.a. Leder und Lederwaren (Kl. 18) sowie Werbung und Warenzusammenstellung etc. (kl. 35) obsiegte – meiner Meinung nach zu Unrecht – in einem Widerspruchsverfahren gegen die jüngere Marke LC Home für u.a. Möbel (Kl. 20) und Handelsdienstleistungen (auch) für Möbel (Kl. 35). Der Buchstabenkombination „LC“ wurde dominierender, fantasiehafter Charakter zugesprochen, “Home“ als beschreibend aufgefasst und „Waikiki“ vernachlässigt bzw. außer Acht gelassen. Zwischen Leder (Lederwaren) und Möbel wurde Ähnlichkeit angenommen, weil Möbel auch Leder aufweisen können, weswegen ein Ergänzungsverhältnis vorliegen solle; Warenzusammenstellung und Handelsdienstleistungen würden sich überschneiden. Diese Entscheidung ist für mich nicht nachvollziehbar.

      (OLG Wien v. 28.09.2023, 33 R71/23p – Pbl 2024, 26)

    • Auf Basis von zwei nahezu identischen, älteren Bildmarken für insbesondere Dienstleistungen der Klasse 36 (Finanzdienstleistungen, Immobilieninvestments u.a.m.), bestehend aus drei nebeneinander stehenden schwarzen Säulen, deren Höhe von links nach rechts bogenförmig zunimmt, wurde in einem Widerspruchsverfahren eine Marke im Umfang der Klasse 36 (und teilweise 37,  soweit Dienstleistungen im Bauwesen betroffen waren) aufgehoben, die drei schwarze Säulen mit von links nach rechts sprunghaft zunehmender Höhe aufwies und zusätzlich noch daneben die Zahlen-Buchstaben-Kombination 3SI und darunter das Wort IMMOGROUP in Blockbuchstaben enthielt. Das ÖPA und das OLG Wien begründeten dies damit, dass das Bildelement der älteren Marken faktisch zur Gänze in die jüngere Marke aufgenommen wurde und gleichwertig mit deren Wortelement sei, gegenüber diesem also nicht in den Hintergrund tritt.

      (OLG Wien v. 25.07.2023, 33 R6/23d  Pbl 2024, 26)

 

5. Zur Markenrechtsverletzung

Ein Unternehmen hat sich der Google-Technologie der „dynamischen Suchanzeigen“ bedient, bei der ein Algorithmus die Webseite des Unternehmens durchsucht, um daraus Werbemaßnahmen zu gestalteten. Dabei ist auch die Marke (AIRBUTLER) einer Konkurrentin aufgepoppt, die sich der Markenverwendung mit Eingriffsklage widersetzt hat. Das Erstgericht (HG Wien) wies die Klage aber mit der Begründung ab, dass die Beklagte die Marke nicht aktiv zu Werbezwecken verwendet habe und außerdem gar keine Möglichkeit gehabt hätte, die Markenverwendung zu unterbinden, weil diese durch einen ihr unbekannten, nicht beeinflussbaren Algorithmus erfolgt ist. Das Berufungsgericht (OLG Wien), bestätigt durch den OGH, gab jedoch dem Unterlassungs- und Zahlungsbegehren statt. Es hielt fest, dass es der Werbung mit „dynamischen Suchanzeigen“ gleichsam „automatisiert“ immanent sei, Rechtsverstöße zu verursachen, die aber u.a. durch Erstellung einer sog. Ausschlussliste  vermeidbar wären. Die durch Google verursachte Markenrechtsverletzung sei daher der Auftrag gebenden Beklagten zuzurechnen.

(OGH v. 22.11.2022, 4 Ob134/22t [OLG Wien 1 R 1/22g] – ÖBl 2023, 129)

6. Zum Schutz bekannter Marken

    • Die Inhaberin der in der EU als bekannt anerkannten Marke „PUMA“, registriert für Waren der Klassen 18, 25, und 28, erhob Widerspruch gegen die jüngere österr. Marke „PUMA Multipower“ für Waren der Klassen 7 und 12. Während das ÖPA den Widerspruch trotz Bekanntheit der älteren Marke „PUMA“ wegen durchgreifender Waren- und Dienstleistungsverschiedenheit, die eine „Rufausbeutung“ nicht naheliegen würde, abwies, gab das OLG Wien dem Widerspruch im Rekursverfahren mit der Begründung statt, es liege „Aufmersamkeitsausbeutung“ aus unlauteren Motiven vor; ob auch „Rufausbeutung“, „Rufschädigung“ oder „Verwässerung“ vorliegen, wurde daher nicht mehr geprüft.

      (OLG Wien v. 22.02.2023 33 R80/22k – Pbl 2023, 68; ÖBl 2024, 33)

    • Die Abbildung eines Hirschkopfes mit Geweih (und gegebenenfalls einem Kreuz dazwischen) in Alleinstellung oder in Kombination mit dem Wort JÄGERMEISTER (meist in gotischen Lettern) sind für Kräuterlikör in der EU bekannte Marken. Eine Konkurrentin hat ihren Kräuterlikör mit einer ähnlichen Aufmachung auf den Markt in Österreich gebracht, wobei der Hirsch mit einer Brille versehen ist und ein Hemd sowie  eine Fliege (ein Mascherl) trägt. Im Markeneingriffsverfahren erließ das HG Wien eine Einstweilige Verfügung zur totalen Unterlassung dieser Verwendung, die vom OLG Wien bestätigt wurde. Ein dagegen eingebrachter außerordentlicher Revisionsrekurs der Konkurrentin ist vom OGH zurückgewiesen worden, da keine rechtfertigenden Gründe für die in auffälliger Weise an die bekannten Marken angelehnte Ausstattung und Etikettierung ersichtlich sind und diese zu einer gedanklichen Verknüpfung und einer Rufausbeutung führt.

      (OGH v. 30.05.2023, 4 Ob55/23a – ÖBl 2024, 135)

7. Zur „sonstigen“ Marke

Die Farbkombination Blau - Grün – Weiß mit Abbildung einer Tankstelle wurde als „sonstige Marke“ (alternativ als Positionsmarke, Farbmarke, Formmarke) mit der Beschreiung „zur Kennzeichnung von Tankstellen“ für diverse Waren und Dienstleistungen angemeldet und – wie nicht anders zu erwarten – von allen drei Instanzen (ÖPA, OLG Wien, OGH) als nur mit Verkehrsgeltung registrierbar erachtet: Eine unmittelbare Eintragbarkeit läge nur dann vor, wiche die Kombination aller Markenelemente zumindest von jener ab, die „gemeinhin“ verwendet wird, was gegenständlich aber nicht der Fall war.

(OGH v. 12.09.2023, 4 Ob16/23s –ÖBl 2024, 130)

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